Die Trauerfeier mit Urnenbeisetzung wird am Dienstag, 28. Februar um 14.00 Uhr auf dem Friedhof in Mosbach sein.
Peter Krieger (geboren am 23. März 1946) wurde 76 Jahre alt. Mensch konnte ihm häufig in Mosbach in der Fußgängerzone und im Ludwig begegnen, er gehörte fast schon zum Mosbacher Stadtbild dazu. Am öffentlichen Leben der Stadt nahm er mit viel Interesse und Engagement teil. Er war ein streitbarer Mensch, konnte aber auch unbequem werden. Viele von uns kennen ihn aus unterschiedlichen Zusammenhängen und als Mensch mit vielfältigem Engagement.
Laut seinem Facebook-Steckbrief stammte er aus Lahr/Schwarzwald, ging 1963-1965 auf die Höhere Handelsschule Mosbach („Bankfachklasse“) und hat Europäische Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg studiert. Irgendwann in den 1970er oder 1980er Jahren war er in der Jugendzentrumsbewegung in Mosbach aktiv gewesen, die damals Anlass für heftige Auseinandersetzungen gewesen war. Als Anzeigen- und Büroleiter arbeitete er bei dem Stadtmagazin Moritz. Und er war „Hobbyfotograf“. Ich meine mich zu erinnern, dass er etliche Jahre lang auch die Szenelokalitäten in Mosbach aufsuchte und dort und auf der Straße für den Moritz Porträtfotos schoss, die er zu Collagen zusammenstellte und die im Moritz gerne aufgeblättert wurden.
Zuletzt hatte er viel im Naturfreundehaus Zwingenberg mitgeholfen und Leserbriefe für die RNZ geschrieben: im Lokalteil positionierte er sich hinsichtlich der Corona-Proteste in Mosbach und in den Samstagsausgaben zur großen welt- und geopolitischen Lage.
Er war Mitglied bei der Gewerkschaft ver.di und auch als Rentner noch im Bezirksseniorenausschuss Heilbronn-Neckar-Franken aktiv. Robin Friedl vom ver.di-Bildungszentrum Mosbach erinnert sich: „Peter hatte eine Ausstellung bei uns im ver.di Bildungszentrum mit seinen Orchideen-Fotografien. Bei diesem Hobby bewies er wirklich Geduld, Durchhaltevermögen und Hingabe. Suchen, weite Wege gehen, wegen des richtigen Lichts auf die Lauer legen und im richtigen Moment ruhig halten … Sonst habe ich ihn als wirklich engagiert und hilfsbereit kennengelernt. Bei zahlreichen Aktionen seitens des DGB stand er parat und half bei der Durchführung von Aktionen und Veranstaltungen. Schade. Es stimmt mich einfach traurig.“
Mit seiner antifaschistischen Überzeugung war er auch zu Mosbach gegen Rechts gestoßen. Dankbar erinnern wir uns an sein Engagement und gemeinsame Aktivitäten, aber auch an kontroverse Diskussionen. Zu fünft waren wir beispielsweise vor der Europawahl im Mai 2019 in Stuttgart auf der Demonstration Ein Europa für alle. Er kam zu unseren Treffen, streifte sich die Ordner-Binde bei Kundgebungen über den Arm, half an einem langen Nachmittag bei der Ausformulierung unseres Flugblatts (gemeinsam mit der Initiative Herz statt Hetze Neckar-Odenwald-Kreis) „Warum die AfD keine Alternative ist“ und hoffte auf einen neuen Humanismus.
Zusammen mit der KZ-Gedenkstätte Neckarelz haben wir ihm im März 2019 einen Wunsch erfüllt: In einem öffentlichen Vortrag würdigte er Karl Wagner, den „Kapo der Kretiner“, ein KZ-Häftling, der mit seiner unbeugsamen und solidarischen Haltung seinen Mithäftlingen im KZ Dachau zu helfen versuchte und sich auch weigerte zu schlagen. Karl Wagner und seine Frau Hilde Wagner waren Peter Krieger nahestehende, geschätzte Verwandte. Hilde Wagner war in der Deutschen Kommunistischen Partei eine einflussreiche Persönlichkeit mit internationalen Beziehungen gewesen. Beide prägten Peter und seine linke humanistische Haltung. Von daher war er auch Mitglied der DKP, deren Stammtisch er in Heidelberg besuchte.
Auch die KZ-Gedenkstätte Neckarelz hat mit seinem Tod ein Mitglied verloren.
Sein praktischer Humanismus zeigte sich auch in seinem Engagement in der Flüchtlingsarbeit (Arbeitskreis Asyl), wo er in der Teestube half und vor allem die Menschen lange Zeit unermüdlich und beharrlich bei ihren Angelegenheiten gegenüber Behörden, bei der Arbeitssuche, im Alltag und als Freund unterstützte. 2018 porträtierte ihn diesbezüglich die RNZ als „Ersatzvaterfigur für viele Flüchtlinge„: An Weihnachten lud er einige seiner „Jungs“ und andere HelferInnen des Arbeitskreises zu einem feierlichen Essen zu sich in seine Wohnung in der Waldstadt ein und kochte für alle ein großes Fischgericht.
In seinem Engagement packte er tatkräftig mit an, kümmerte sich auch um die einfachen Aufgaben, machte den Abwasch, sammelte mühevoll Unterschriften für die Zulassung der DKP zu Wahlen oder sprach bei Ständen die vorbeikommenden Leute ungeniert an.
Peter war ein Naturliebhaber und Mitglied bei den Naturfreunden. Er fotografierte Blumen, insbesondere Orchideen und andere Raritäten und Naturschönheiten. Mehr als 20 verschiedene Orchideenarten stöberte er in Mosbach und Umgebung auf. Seine Fotos wurden in den 2010er Jahren in ein paar Ausstellungen gezeigt (in der Stiftskirche, in der Sparkasse Neckarelz, im ver.di-Bildungszentrum, im Büro der damaligen SPD-MdB Dorothee Schlegel) und in mehreren Mosbacher Jahresheften (2015-2018 und 2020) veröffentlicht. Seine Liebe zu den Orchideen geht unter anderem auf gemeinsame Waldspaziergänge mit Heiner Stadler zurück. Er schrieb darüber im Mosbacher Jahresheft 2014 unter dem Titel „Die Begegnung mit dem schlafenden Adenauer“, nachdem eine Aufnahme von einer Hummel-Ragwurz ihn erschrocken an ein menschliches Gesicht erinnerte, nämlich das des früheren Bundeskanzlers.
Peter Krieger starb am 6. Februar 2023 – meines Wissens im Krankenhaus Buchen infolge einer Infektionskrankheit.
Mosbach hat ein markantes Gesicht verloren.
Rundumbetreuung und die Schaffung von 50 Arbeitsplätzen für Flüchtlinge
In einem Entwurf für eine Bewerbung für den Ehrenamtspreis vor etwa vier Jahren schildert Peter Krieger seinen Einsatz:
„Meine Arbeit hat zwei Monate nach Gründung des Arbeitskreis Asyl begonnen. Ich hörte zuerst einmal zu und fing an zu lernen, was Flüchtlinge so brauchen, was sie benötigen, was ihre Sorgen waren. …“ Nach kurzer Zeit fing er an, für drei Flüchtlinge erfolgreich Arbeitsplätze bei der Firma Spedition Spitzer zu vermitteln. „Ich hatte hier den Vorteil, weil ich in meinem früheren Beruf als Akquisiteur beim Moritz-Verlag fast alle Firmenchefs in Mosbach und Umgebung kennengelernt habe.“
„Die Flüchtlingsarbeit fand damals im Flüchtlingscafé der Diakonie statt. Am Anfang betreute ich vor allem Syrer, Pakistani und irakische Flüchtlinge.“
Im Jahr 2016 trafen dann rund 210 Flüchtlinge afrikanischer Herkunft auf dem Bahnhof Mosbach ein und wurden zunächst in einer Zeltunterkunft im Elzpark untergebracht. „Die Flüchtlinge wurden in Mosbach mit Rosen und Schildern mit der Aufschrift Welcome in Mosbach empfangen. Beides war meine Idee, wurde von mir fertiggestellt, gekauft und finanziert.“ – „Danach habe ich die Flüchtlinge zusammen mit anderen Flüchtlingshelfern mit der Stadt Mosbach und ihren Behörden wie auch den Einkaufsmöglichkeiten und anderem für sie Interessantem bekannt gemacht.“ – „Am 2. August 2016 wurden sie vom Stadtgarten in die Gebäude der Kaserne Mosbach umgesiedelt.“
„Und dann begann ich in größerem Maße einige von denen in Arbeit und Brot zu bringen. Denn in Mosbach angekommen wollten sie alle Arbeit. Ich bin mit ihnen zu allen Behörden und Institutionen gegangen.“ – „Ich war und bin ich bis heute den ganzen Tag rundum beschäftigt. Die zusätzlich zu der Arbeitsbeschaffung anfallenden Tätigkeiten umfassten folgende Behörden: Rathaus, Landratsamt, Arbeitsamt, Jobcenter, Regierungspräsidium Karlsruhe, Sprachschulen wie USS und Kolping, Termine bei der Caritas, begleitende Besuche bei Rechtsanwälten, Hilfe bei Arztbesuchen, Vermittlung von Wohnungen – wie auch von Sprachunterricht, Hilfe bei der Passbeschaffung, Vertretung in Rechtsangelegenheiten“.
„Ich stellte sie dann auch dem Personalchef oder dem Chef vor, sprach für sie, wenn notwendig, und fädelte so oft die Einstellung ein. Auch vertrat ich sie als Betreuer bei eventuellen Gerichtsverfahren und besorgte für sie in Zusammenarbeit mit einem Kollegen Pässe aus ihren Heimatländern.
„Eines Tages kam mir die Idee, für jeden arbeitswilligen Flüchtling so zwischen zehn und zwanzig Bewerbungen zu schreiben. Und ich ging zu der Flüchtlingsunterkunft auf dem heutigen Inast-Gelände und trommelte all diejenigen zusammen, die einen Arbeitsplatz suchten. Ich erklärte ihnen, dass ich für sie Bewerbungen schreiben will, und dass ich dazu ihre Daten brauche. Sie standen Schlange und gaben mir ihre Daten. Es wurden dann zum Schluss ca. 1.100 Lebensläufe und Bewerbungen, die ich Tag und Nacht und dies in zwei bis drei Monaten schrieb. Am Ende kuvertierten zwei Kolleginnen und ein Flüchtling mit mir zusammen die Bewerbungen mit den Lebensläufen ein und brachten diese zur Post, wo wir diese Masse an Kuverts dann noch mit Briefmarken bekleben konnten.“
„Ein Beamter vom Arbeitsamt meinte, wenn ich fünf bis sechs damit in Arbeit brächte, wäre das ein großer Erfolg. Ich brachte zwölf Flüchtlinge mit einem Schlag in Arbeit und Brot. Mit diesem Erfolg im Rücken machte ich natürlich mit der Jobsuche weiter, und bis heute kann ich 48 Arbeitsplätze nachweisen, die ich für Flüchtlinge geschaffen habe. Ich habe wesentlich dazu beigetragen, dass heute viele Flüchtlinge finanziell gut dastehen.“
„Weiter habe ich bei fast allen Aktionen der Flüchtlinge bei Mosbacher Festen, wie dem Fahrradsonntag oder dem Lichterfest oder dem Frühlingsfest oder beim Neckarelzer Fußballturnier der Flüchtlinge und anderen Festlichkeiten, an denen Flüchtlinge an einem Stand Essbares angeboten haben, mitgeholfen.“ Peter Krieger zählt desweiteren das Weltkulturenfest, einen Stand auf dem Mosbacher Weihnachtsmarkt sowie den Freiwilligentag auf. „Ich war immer da, wenn es um die Interessen der Flüchtlinge ging und wenn es galt, diese zu verteidigen.“ – „Wenn es irgendwie möglich ist, lade ich auch jedes Jahr fünf bis sechs Flüchtlinge zu Weihnachten – jedes Jahr andere – zu mir nach Hause ein, um ihnen zu zeigen, was eine deutsche Weihnacht für uns Deutsche bedeutet.“
„Ich mache dies alles heute im Alter von 75 Jahren und im Status eines 100%ig Schwerbehinderten, wobei ich immer auch darauf achten muss, dass ich Arbeitspausen einlege, um mich nicht zu überfordern.“
„All dies tue ich nach dem Bibelspruch: Einer trage des Anderen Last. Galater 6, Vers 2. Mein Vorbild war in meiner Jugendzeit und ist heute immer noch Albert Schweitzer. Ihm nachzueifern ist für mich eine menschliche Verpflichtung. Mein Ziel ist es immer, die bei uns gestrandeten Menschen in unsere Gesellschaft durch einen Arbeitsplatz voll zu integrieren und ihnen damit eine neue Heimat zu schaffen. Meine Beweggründe erschließen sich aus der Erkenntnis, dass wir in Europa einerseits in einer satten Konsumgesellschaft leben, und dass wir Menschen, die aus ärmeren Ländern zu uns kommen, helfen sollten bei uns eine neue Heimat zu finden.“
„Selbstverständlich macht mir die Suche nach Arbeitsplätzen sehr viel Spaß. Ich erlebe die Dankbarkeit der von mir vermittelten Menschen. Für sie bin ich Papa Peter. Das ist für mich immer wieder Ansporn, auch anderen zu helfen.“