Über Meinungsfreiheit und Hetze:

Eine Aktuelle Stunde im Bundestag und AfD-MdL Uwe Wanke

7. Mai 2021

Nachdem Uwe Wanke letztes Jahr in die baden-württembergische Landtagsfraktion der AfD nachrückte, brachte er es zum Abschluss seiner kurzen Karriere als Abgeordneter auch noch zu einer Erwähnung im Bundestag, nämlich anlässlich einer von der AfD-Fraktion verlangten Aktuellen Stunde zum Thema „Meinungsfreiheit schützen, Zensur verhindern – Debattenkultur bewahren“.

Das hatte Wanke sich vermutlich so nicht vorgestellt, als er sich vor über zwei Jahren mit der Mehrheit seines Kreisverbandes im Neckar-Odenwald-Kreis überworfen hatte. In Anspielung auf eine klassische Karrikatur postete er: der rechte Flügel habe das Ruder übernommen, und „der Lotze“ (gemeint ist Wanke als Wiedergänger Bismarcks) gehe von Bord.

Im Sommer 2019 bat er verschiedene Initiativen, sie mögen doch von ihren Internetseiten seinen Namen entfernen: er habe sich von der AfD dauerhaft entfernt und möchte aufgrund beruflicher Interessen nicht mehr mit der Partei in Verbindung gebracht werden. Er arbeite auch daran, seine Facebook-Seite verschwinden zu lassen. Auf mehrmalige Rückfrage gestand Wanke schließlich aber ein, dass er immer noch Mitglied der Partei sei.

Als Uwe Wanke dann im Sommer 2020 für die AfD in den Landtag nachrückte, gaben sich Kreisverband und Wanke höflich und versöhnlich: der Kreisverband freue sich und wolle Herrn Wanke unterstützen. Das Zerwürfnis wurde nicht mehr erwähnt. Die berufliche Beschädigung dadurch, dass Wanke wieder öffentlich mit der AfD in Verbindung gebracht wird, kann er verständlicherweise dank der Bezüge als Landtagsabgeordneter wieder wett machen.

Wanke bemühte sich auf seine Weise sogar um Seriösität und machte im Sommerurlaub 2020 eine Tour durch die Region, bei welcher er verschiedene Gedenkorte für Opfer des Nationalsozialismus (KZ-Gedenkstätten und -Friedhöfe, das Mahnmal in Neckarzimmern für die deportierten Juden Badens usw.) besuchte und Kränze zum Gedenken abwarf. In einem seiner ersten Redebeiträge im Landtag kümmerte er sich um das unter der Corona-Pandemie und den Anti-Corona-Maßnahmen leidende Vereinsleben.

Uwe Wanke führte inzwischen auch wieder zwei Facebook-Seiten. Ein vom ihm dort veröffentlichter Beitrag schaffte es inzwischen zu Erwähnungen auf mehreren Seiten im Internet (zum Beispiel von einer Recherche-Gruppe https://www.facebook.com/dieinsider/posts/852691835282627 ) und war schließlich traurigerweise – wie eingangs erwähnt – heute Gegenstand eines Beitrags im Bundestag:

Rede von Anke Domscheit-Berg (Die Linke):

“ […] Wieder einmal sieht die AfD die Meinungsfreiheit in Gefahr und glaubt, man könne nicht mehr sagen, was man will. Es stört sie, dass Dritte manche Meinungsäußerungen als menschenfeindlich, rassistisch oder schlicht als Desinformation entlarven. Auch die existierenden Grenzen der Meinungsfreiheit – Beleidigungen, Drohungen, Glorifizierung von Gewalt oder Volksverhetzung – sind der AfD ein Dorn im Auge. Vielleicht wegen solcher Beispiele:

Bodo Radtke, AfD-Stadtverordneter in Oranienburg, der Stadt, in der sich das KZ Sachsenhausen befand, wurde gerade diese Woche frisch rechtskräftig verurteilt wegen Volksverhetzung und Holocaust-Leugnung.

Die AfD will auch Freiheit zum Schüren von Hass und Gewalt. Weil ihnen der Mord an Walter Lübke keine Warnung ist, weil sie bewusst in Kauf nimmt, dass aus Worten der Gewalt Taten der Gewalt werden. Es ist eine Beleidigung der Mütter und Vater unseres Grundgesetzes, dass ausgerechnet die AfD so tut, als wolle sie Grundrechte verteidigen.

Ein Beispiel: Ende 2020 verbreitete Uwe Wanke, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg für die AfD, einen ein Jahr alten Video-Ausschnitt einer Bundestagsrede eines CDU-Abgeordneten zur Masern-Impfpflicht und schreibt darunter: „Wer sich nicht freiwillig impf, wird zwangsweise geimpft.“ In diesem Video sagte der CDU-Abgeordnete folgendes: „Meine Assoziation zur Impfpflicht ist, ein Kind, dessen Eltern sich weigern das Kind impfen zu lassen, bekommen Besuch von der Polizei, das Kind wird ihnen entzogen und in ein Gesundheitsamt gebracht, und dort wird eine Pflichtimpfung durchgeführt.“ Das was der CDU-Abgeordnete danach sagt, schneidet der Landtagsabgeordnete der AfD jedoch ab. Es ist der entscheidende Satz: „Das ist nirgendwo in diesem Gesetzentwurf zu finden.“

Diese durch den Video-Ausschnitt absichtlich falsche Darstellung wurde Tausende Male gelikt. Darunter finden sich entsetzliche Kommentare, die sich direkt auf ein Mitglied dieses Hauses beziehen. […] so spricht man bei der AfD im Internet und die Welt soll das wissen: „Sofort erschießen die Ratte“, steht da. „So was gehört an die Wand oder besser an den Galgen.“ „Da hilft nur noch ein Kopfschuss.“ „Du dreckiges Stück Scheiße, Dich sollte man aufhängen, Du Fettsack.“ „Du Wichser, ich schneide Dir Deinen Kopf ab.“ „Dem sollte man den Schädel einschlagen.“ Diese widerwärtigen Mordphantasien gegen einen Bundestagsabgeordneten aufgrund einer gezielten Desinformation eines Landtagsabgeordneten der AfD stehen seit 27 Wochen ungelöscht dort. Das ist Kriegsführung im Informationszeitalter.

Der AfD ist jedes Mittel recht, um ihre Facebook-Kumpane gegen alle aufzuhetzen, die ihnen nicht in den Kram passen. Sie kennt keine Grenzen, keine Scham und keinen Anstand, und holt aus manchen Menschen das Schlechteste heraus. Die AfD schürt auch Misstrauen in Demokratie, Institutionen und ihre Prozesse, um sie zu zerstören. Sie schreit wie Trump „Wahlbetrug“, wenn ihr ein Wahlergebnis nicht gefällt. Sie greift die Freiheit der Forschung an. Sie will ForscherInnen vorschreiben, woran sie zu forschen haben und diskrediert Geschlechterforschung als Gender-Gaga. Dabei weiß inzwischen jeder, dass der Einzige, der gender-gaga ist, ist die AfD.

Die AfD attackiert auch die Pressefreiheit. Ihre Mitglieder behaupten ständig, bei uns gäbe es nur noch gleichgeschaltete Lügenpresse. Deshalb brauchen JournalistInnen heute bei ihrer Arbeit Polizeischutz, wenn sie live von einer Demo berichten wollen. 60 Prozent JournalistInnen in Deutschland sagen jetzt, dass sie die Freiheit ihrer journalistischen Arbeit und ihre Unabhängigkeit in Gefahr sehen. Diese Bedrohung für JorunalistInnen heizen die AfD aktiv an, und dafür empfinde ich tiefste Verachtung.

Es gibt in Deutschland kein Problem mit der Meinungsfreiheit. Was wir haben ist ein Problem mit verquerdenkenden Faktenleugnern und mit Nazis, die davon träumen, den Reichstag zu stürmen; Medienhäuser zu besetzen und tatsächlich gleichzuschalten, Wissenschaft in ihrem Sinne zu beeinflussen, und diejenigen zu bestrafen, die ihren Hass nicht teilen wollen und sich ihm entgegen stellen wollen. […] “

(Arno Huth)