In Büchel und Mosbach: Für eine atomwaffenfreie Welt

Menschenkette in Büchel in der Eifel

Bundestagswahl am 26. September: Atomwaffenverbot wählen!
Esther Bejarano, jung und alt: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
Fast 800 Menschen folgten dem bundesweiten Aufruf von Friedensorganisationen und der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen ICAN und schlossen am Sonntag, 5. September 2021 eine Menschenkette vor dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel. Auch in Freiburg, Karlsruhe und Heidelberg stiegen 25 Friedensfreund*innen in einen Bus, der von der Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden organisiert worden war.
Auf dem Fliegerhorst Büchel werden 20 US-amerikanische Atombomben bereit gehalten, die – im Rahmen der nuklearen Teilhabe – im Einsatzfall von Flugzeugen der Bundeswehr gegen feindliche Ziele geschossen werden sollen. Aktuell arbeitet die NATO daran, ihre in Europa bereitgehaltenen Atomwaffen und -bomber in Deutschland, Belgien, Italien, in der Türkei und den Niederlanden und die dafür notwendige Infrastruktur mit Zig Milliarden auszutauschen, zu modernisieren und zu erneuern.
Die Teilnehmer*innen der Menschenkette und Redner*innen auf der anschließenden Kundgebung forderten den Beitritt Deutschlands zum Internationalen Atomwaffenverbotsvertrag, der dieses Jahr am 22. Januar in Kraft getreten war, und den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Sie wiesen auf die akute Gefahr von Atomkriegen auch aufgrund von Fehlalarmen und Versehen hin: immer schnellere Raketen und andere Bombenträger verkürzen die Vorwarnzeiten und Entscheidungsfristen erheblich auf wenige Minuten. Ebenso sind autonome, auf KI beruhende Reaktionssysteme aufgrund mangelhafter Datenbasis für Fehler anfällig. Der Trierer Informatiker Prof. Dr. Karl Hans Bläsiu stellte dazu klar: Ein Fehlalarm in Krisenzeiten, aber auch aufgrund von Cyberattacken könne immer häufiger möglich sein. „Für menschliche Entscheidungen wird immer weniger Zeit. Aber es darf nicht sein, dass das Überleben der Menschheit von solchen Entscheidungen eines Menschen oder sogar einer Maschine abhängt“, mahnte er eindringlich. Selbst bei einem sogenannten geografisch begrenzten Atomkrieg droht ein globaler nuklearer Winter die Lebensgrundlagen der Menschheit zu zerstören.
In den nächsten Jahren und Jahrzehnten planen die Atommächte insgesamt Investitionen in Höhe von Hunderten Milliarden, um ihre Atomwaffensysteme zu modernisieren. Stattdessen sollten diese Gelder umgeleitet werden, um die drängenden Menschheitsfragen Klima, Umwelt, Welternährung usw. gemeinsam anzupacken. International müssten vertrauensbildende Gespräche und Maßnahmen aufgenommen oder intensiviert werden. Dr. Angelika Claußen von den Ärzten gegen den Atomkrieg (IPPNW) erklärte, eine aufs Militär gestützte Sicherheitspolitik werde scheitern, wie Afghanistan aktuell gezeigt habe. „Darum brauchen wir eine zivile Sicherheits- und Friedenspolitik“.
Solidarische Grüße und Unterstützung bekamen die Teilnehmer*innen durch Redner aus den Niederlanden, Belgien und Italien.
Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl am 26. September, die dieses Jahr zufälligerweise mit dem „Internationalen Tag für die Abschaffung von Atomwaffen“ zusammenfällt, wurde auch appelliert, an Politiker und Parteien heranzutreten, um sie für die nächste Regierung auf eine atomwaffenfreie Politik zu verpflichten.
[Anmerkung: am 26. September 1983 hatte der russische Oberst Stanislav Petrov, als sein Computer ihm verkündete, dass in zwanzig Minuten feindliche Atomwaffen ankommen und explodieren würden, dies eigenmächtig als Fehlalarm eingestuft und damit eine Menschheitskatastrophe abgewendet. Genau 30 Jahre später im Jahr 2013 erhob die Bewegung der Blockfreien Staaten den 26. September in einer Resolution zum Internationalen Tag für die Abschaffung von Atomwaffen.]
Eindeutig haben sich in ihren Wahlprogrammen nur die Linke und die Grünen für den Atomwaffenverbotsvertrag ausgesprochen, wobei ICAN hinsichtlich der Grünen bemängelt, dass sie keinen konkreten Weg dorthin aufzeigen würden: bei der Bundesdelegiertenkonferenz im Juni sei ein Änderungsantrag, der sich gegen die Anschaffung neuer Trägerflugzeuge für Atomwaffen aussprach, abgelehnt worden. SPD und FDP geben sich unverbindlich oder treffen keine Aussage dazu. Die Union bekennt sich hingegen zur nuklearen Teilhabe und Abschreckung.
Vermutlich wird nach der Bundestagswahl auch die Notwendigkeit eines wachsenden Widerstandes von unten gegen Atomrüstung bestehen und dies am besten im Bündnis mit anderen sozialen Bewegungen.
Die Teilnehmerzahl in Büchel verdeutlicht, dass das Anliegen noch viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit benötigt und das Engagement noch massiv wachsen muss. Insbesondere müssen jüngere Leute für die atomare Bedrohung sensibilisiert werden. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden lag nach meiner Einschätzung (vielleicht sogar deutlich) über 60 Jahre. Von daher aber auch ein besonderer Dank an die unentwegten Friedensbewegten in Büchel mit ihrem langen Atem.
Nebenbei: Ein Teilnehmer erinnerte mit Zitaten auf einem umgehängten, selbstgefertigten Plakat an die kürzlich verstorbene Antifaschistin Esther Bejarano: „Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht! Seid solidarisch! Helft einander! Achtet auf die Schwächsten! Bleibt mutig! Ich vertraue auf die Jugend, ich vertraue auf Euch! Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“ Esther Bejarano – Juli 2021. Rest in Power – in Liebe!

Kundgebung zum Hiroshima-Jahrestag in Mosbach

ZUM 76. JAHRESTAG DER ATOMBOMBENABWÜRFE AUF HIROSHIMA UND NAGASAKI veranstaltete die Initiative AtomErbe Obrigheim am 6. August 2021 eine Kundgebung auf dem Marktplatz Mosbach. Etwa 35 Teilnehmer*innen erinnerten an die über 150.000 Todesopfer.
In Redebeiträgen forderte die 16-jährige Schülerin Franziska Wachter zum Engagement gegen den Klimawandel auf, Arno Huth verlas ein Grußwort des Mosbacher Oberbürgermeisters und Mayor for Peace Michael Jann und verkündete, dass im Januar dieses Jahres der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft getreten war, und Uly Schlegel warb aus christlicher Perspektive dafür, Frieden nicht nur als Ziel anzusehen, sondern auch als Weg zu leben.

Unsere Stimme für das Atomwaffenverbot!

Die Initiative AtomErbe Obrigheim unterzeichnete zudem einen Aufruf mit, welcher die Bundesregierung auffordert, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten, die Beschaffung neuer Atomwaffen-Trägerflugzeuge für die Bundeswehr zu stoppen und für den Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland zu sorgen. Die Anzeigen erschienen am 6. August in den überregionalen Tageszeitungen taz und FAZ:
Die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 mahnen uns, für eine Welt frei von Atomwaffen einzutreten.
Heute bedrohen weltweit noch immer mehr als 13.000 Atomwaffen unsere Sicherheit. Jeder Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und langanhaltende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen, auch für unsere Städte und Gemeinden. Die Atommächte planen dennoch, Milliarden in die Aufrüstung ihrer Arsenale zu investieren.
Seit dem 22. Januar 2021 ist der UN-Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft. Er verbietet allen beigetretenen Staaten u.a. die Herstellung, die Stationierung und den Einsatz von Atomwaffen. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung sind dafür, dass Deutschland diesem wegweisenden Vertrag beitritt. Unterstützt werden sie von weit über 100 Städten und mehreren hundert Abgeordneten aus dem Europaparlament, Bundestag und verschiedenen Landtagen.
Doch die derzeitige Bundesregierung boykottiert das Abkommen. Die Bundeswehr soll sogar neue Kampfflugzeuge für mehrere Milliarden Euro bekommen, damit sie auch zukünftig die in Büchel gelagerten Atombomben ins Ziel fliegen kann.
Am 26. September, dem von der Generalversammlung der Vereinten Nationen erklärten internationalen Tag zur Abschaffung aller Atomwaffen, ist Bundestagswahl.
Wir erwarten von der zukünftigen Bundesregierung:
  • als Beobachterin bei der 2022 stattfindenden Überprüfungskonferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag in Wien teilzunehmen – als ersten Schritt für einen raschen Beitritt Deutschlands zu diesem Vertrag;
  • die Beschaffung neuer Atomwaffen-Trägerflugzeuge für die Bundeswehr zu stoppen;
  • den Abzug aller US-Atombomben aus Deutschland
Wir unterstützen die vielfältigen Aktionen an den Gedenktagen der Atombombenabwürfe von 1945 und setzen uns mit unserer Stimme für ein generelles Atomwaffenverbot ein.