Aufruf und Bericht: Kundgebung am Sonntag, 27. Oktober 2019 auf dem Marktplatz Mosbach

Stoppt den türkischen Einmarsch in der Demokratischen Konföderation Nordsyrien! Solidarität mit den Menschen in Rojava!

Für Sonntag, 27. Oktober 2019 hatte das örtliche Bündnis „Mosbach gegen Rechts“ gemeinsam mit Vertreter*innen der kurdischen Community zu einer Kundgebung gegen den Krieg in Nordsyrien aufgerufen. Nach Schätzung des Einsatzleiters der Polizei versammelten sich 150 bis 160 Menschen oberhalb des Marktplatzes vor der Stiftskirche Mosbach, nachdem Stadt und Polizei die Kundgebung nicht direkt auf dem Marktplatz erlauben wollten. Die Kundgebung verlief friedlich und ohne Zwischenfälle – wenn auch etwas durcheinander, da sie relativ kurzfristig angesetzt und dazu aufgerufen worden war. Die Teilnehmer*innen skandierten lautstark ihren Protest gegen den türkischen Einmarsch in Rojava und die aggressive Politik des türkischen Präsidenten Erdogan sowie ihre Unterstützung für die Revolution in Rojava.

Begonnen wurde die Kundgebung mit einer Schweigeminute für die Gefallenen, welche bei der Verteidigung gegen die Besatzung ihr Leben gelassen haben. Die Auftaktrednerin des kurdischen Vereins zeigte die humanitäre Tragödie auf, verurteilte die Verantwortungslosigkeit der internationalen Akteure, prangerte massive Menschenrechtsverletzungen an und rief zur Verteidigung der Revolution in Rojava auf. Vertreter des Bündnisses „Mosbach gegen Rechts“ gingen in ihren Reden auf das Gesellschaftsmodell Rojava mit seinen zentralen Pfeilern basisdemokratische Selbstverwaltung, multiethnisches Zusammenleben, Gleichberechtigung der Geschlechter und ökologische Ansätze ein. Dies sollte vor allem den nicht-kurdischen Besucher*innen einen besseren Eindruck vermitteln, warum es gerade für Demokrat*innen wichtig ist, für Rojava einzustehen. Außerdem wurde vor einer ethnischen Säuberung in Nordsyrien gewarnt und  die Bundesregierung wurde aufgerufen, ihre Komplizenschaft mit der türkischen Regierung zu beenden.

Abschließend wurde die Freiheit von Çiçek Kobanê gefordert, einer YPJ-Kämpferin, welche von dschihadistischen Verbündeten der Türkei entführt wurde. Unter den Teilnehmer*innen wurde Geld für die Arbeit der Hilfsorganisation Medico International in Rojava gesammelt. Hierbei kamen fast 600 Euro zusammen.

Siehe auch: https://anfdeutsch.com/aktuelles/kundgebung-fuer-rojava-in-mosbach-14979

Die drei Redebeiträge auf der Kundgebung: Gemeinsam Rojava verteidigen!

 

Der Aufruf zu der Kundgebung am 27. Oktober 2019

Mosbach (Marktplatz), Sonntag, 27. Oktober, 15 Uhr:

Kundgebung gegen den Krieg in Nord-Syrien

„Mosbach gegen Rechts“ und Leute aus der kurdischen Community rufen zu dieser Solidaritätskundgebung gegen den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei und islamistischer Milizen in Rojava/Nord-Syrien auf. Kurdische und multiethnische Einheiten hatten die Terrororganisation IS besiegt, und die Selbstverwaltung in Rojava hat ein friedliches Zusammenleben zwischen den Völkern aufgebaut. Seit dem türkischen Einmarsch herrscht jedoch ein humanitärer Ausnahmezustand. Alle Bürger und Bürgerinnen, die sich für ein friedliches Zusammenleben in Nordsyrien einsetzen wollen, sind aufgerufen, mit ihrer Teilnahme an der Kundgebung ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Bringt Eure Freundinnen und Freunde mit.

Auf der Kundgebung sind keine Fahnenstangen über ein Meter Länge und auch keine Fahnen der PKK, von PKK-Nachfolgeorganisationen und keine Bilder von Abdullah Öcalan erlaubt. „Mosbach gegen Rechts“ bittet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, diese Auflagen unbedingt zu beachten, sich nicht provozieren zu lassen und für einen gewaltfreien und friedlichen Ablauf der Kundgebung zu sorgen.

Die Demokratische Konföderation Nordsyrien (in vielen Medien oft herablassend bezeichnet als kurdische Milizen, die ein Gebiet in Nordsyrien kontrollieren) steht für viele Werte, die wir teilen: Gleichberechtigung der Geschlechter, Kampf gegen sexistische Gewalt, breite gesellschaftliche und politische Beteiligung von ethnischen oder religiösen Minderheiten, Ansätze basisdemokratischer und wirtschaftlicher Selbstverwaltung, Autonomie statt Nationalstaatlichkeit, Berücksichtigung von Ökologie usw. Wir wissen, dass nicht alles optimal umgesetzt werden kann, schätzen aber das Engagement großer Teile der Gesellschaft in Nordsyrien, nachdem sie 2014/2015 in tiefer Bedrängnis und mit vielen Opfern den Vormarsch des Islamischen Staates gestoppt und zurückgeschlagen hatten.

Der türkische Staat will dieses großartige Experiment an seiner Grenze aber nicht zulassen und verunglimpft es als „Terrorismus“. Der türkische Präsident hat versucht, der Europäischen Union den Einmarsch des türkischen Militärs und islamistischer Milizen in Nordsyrien damit schmackhaft zu machen, indem er die Ansiedlung von Hunderttausenden Flüchtlingen in Nordsyrien ankündigt, die bisher in Lagern in der Türkei untergebracht waren und wofür die EU bisher fast 3 Milliarden Euro bezahlte, damit sie nicht nach Europa weiterziehen. Blaupause für die Vorgehensweise ist der türkische Einmarsch in der bis dahin vom Krieg verschonten nordsyrischen Provinz Afrin vor anderthalb Jahren, auf welchen Flucht und Vertreibung von Kurden und anderen Menschen folgten.