Stellungnahme des Bündnis für Krankenhaus und gute Arbeit Neckartal-Odenwald
Das Bündnis für Krankenhaus und gute Arbeit Neckartal-Odenwald wandte sich mit einer Stellungnahme hinsichtlich möglicher Folgen der geplanten Krankenhausreform für den Neckar-Odenwald-Kreis an die Lokalredaktionen Mosbach und Nordbadische Nachrichten: https://www.rnz.de/region/neckartal-odenwald_artikel,-krankenhaus-reform-wird-das-angebot-der-neckar-odenwald-kliniken-kleiner-_arid,1044447.html . Was die von einer Expertenkommission konkret in der Realität und speziell für kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum wie beispielsweise die Neckar-Odenwald-Kliniken bedeuten würden, bleibt unklar. Das Bündnis fordert eine öffentliche Diskussion darüber und allgemein über Alternativen zur Finanzierung des Gesundheits- und Krankenhauswesens. Siehe auch https://www.gemeingut.org/krankenhausschliessungen/ . Die schwammigen Ausführungen der Expertenkommission und die zum Teil widersprüchlichen Aussagen der Kommission und von Bundesgesundheitsminister Lauterbach dazu dürfen keine Vorentscheidung bedeuten, wenn das Bundesgesundheitsministerium bis zur Sommerpause einen Entwurf vorlegen will.
Hier der volle Text der Stellungnahme des „Bündnis für Krankenhaus und gute Arbeit Neckartal-Odenwald“:
Mögliche Folgen der geplanten Krankenhausreform
Ein halbes Jahr lang hat eine Expertenkommission an der Krankenhausreform gearbeitet. Federführend waren Gesundheitsökonomen wie Busse und Augurzky, die ebenso wie Lauterbach immer wieder die Schließung von etlichen Hunderten Krankenhäusern in Deutschland gefordert hatten. Vertreter von kleineren Krankenhäusern, Beschäftigten, Patienten usw. waren in der Kommission nicht vertreten.
Das Gesamtbudget für die Krankenhausfinanzierung soll wohl nicht erhöht werden, auch wenn die Kosten aktuell massiv steigen und ein Investitionsstau im zweistelligen Milliardenbereich besteht. Die von Lauterbach angekündigte Abschaffung der DRG-Fallpauschalen, die zu Kostensteigerungen durch Über- und Fehlversorgungen geführt hatten, ist auch nicht vorgesehen. Zwar soll ihr Anteil an der Gesamtfinanzierung reduziert und durch Vorhaltepauschalen ergänzt werden. Ob dies aber den Milliarden schweren Investitionsbedarf und die Unterfinanzierung decken kann, bleibt fraglich. Nicht vorgesehen sind ein Kostendeckungsprinzip, die Rückführung privater Krankenhäuser in öffentliches Eigentum (damit Gewinne nicht bei Konzernen und Aktionären landen) oder die Erhöhung der Einnahmeseite, indem alle in eine Bürgerversicherung statt in 150 gesetzliche und private Krankenkassen einzahlen, oder über eine allgemeine progressive Steuerfinanzierung.
Was die Einteilung in praktisch vier Levels (III, II, I n, I i) für Krankenhäuser im ländlichen Raum bedeuten wird, bleibt unklar. In ersten widersprüchlichen Verlautbarungen scheinen sich diese Levels mit den bisherigen Notfallstufen 3 bis 0 zu decken. Fast 650 Krankenhäuser mit Notfallstufe 0 (also keine) könnten zu integriert ambulant/stationären Behandlungszentren (Level I i) abgewertet werden, außerhalb der Kernzeiten gäbe es eventuell nur eine ärztliche Rufbereitschaft. Kritiker bewerten dieses Level I i als Kombination aus Ärztezentrum und Kurzzeitpflege: dies seien dann keine richtigen Krankenhäuser mehr.
Die Neckar-Odenwald-Kliniken mit Stufe 1 würden möglicherweise wie weitere rund 650 Krankenhäuser in Level I n (mit Erhalt einer Basisnotfallversorgung) fallen. In Level I n sollen jedoch nur noch 13 von 128 definierten Leistungsgruppen angeboten werden. Haben sich kleinere Krankenhäuser in den letzten Jahren zwecks besserer Finanzierung ihres Betriebs zusätzlich spezialisiert, droht ihnen nun der Entzug der Berechtigung dafür.
Für die Neckar-Odenwald-Kliniken würde Level I n nach jetzigem Stand bedeuten, dass die Viszeral- und Gefäßchirurgie, die Geburtshilfe, die Orthopädie und die Unfallchirurgie mit Wirbelsäulenzentrum aufgegeben werden müssten. Vor kurzem hat die Schließung der Geburtshilfe in Mosbach noch zu erregten Reaktionen geführt. Auch bei den anderen zugelassenen Fachrichtungen könnte unter Umständen das Leistungsangebot auf Basisbehandlungen reduziert werden.
Ob eine Aufwertung eines Standorts in Level II möglich wäre, bleibt unklar. Vermutlich müsste der andere Standort auf Level I i abgewertet werden oder schließen. Baden-Württemberg praktiziert dies schon länger durch Ersetzung von jeweils zwei bis vier Krankenhäusern durch ein Zentralkrankenhaus, wodurch sich aber Fahrtzeiten teilweise deutlich erhöhen können. Die Baukosten dafür gehen in Hunderte Millionen und drohen massiv weiter zu steigen.
Damit die Expertenkommission nicht eine Vorentscheidung getroffen hat, muss jetzt Klarheit über die konkrete Ausgestaltung und Folgen der vorgesehenen Reform eingefordert und eine öffentliche Diskussion auch über Alternativen geführt werden.
Arno Huth, Mosbach